Haftungsfalle für Bauträger und/oder Vertragserrichter beim (vorzeitigen) Verkauf von Abstellplätzen!

Der OGH hat in seiner Entscheidung vom 2.11.2022 (5Ob124/22d) eine bisher von Bauträgern in der Praxis häufig praktizierte Vorgehensweise als rechtlich unzulässig erklärt. Im zugrundeliegenden Fall sah dies folgendermaßen aus:

Der Bauträger und gleichzeitig Wohnungseigentumsorganisator war Alleineigentümer einer Liegenschaft mit einem Wohn-, Büro- und Geschäftsgebäude samt PKW-Abstellplätzen und beabsichtigte die Begründung von Wohnungseigentum. Er verkaufte an eine Interessentin mit Vertrag vom 5. 6. 2018 diejenigen Liegenschaftsanteile laut Nutzwertgutachten, mit denen das ausschließliche Nutzungsrecht an zehn näher bezeichneten Abstellplätzen verbunden werden sollte. In diesem Kaufvertrag ist in Punkt II. unter anderem festgehalten:

„Der Verkäufer verpflichtet sich, die kaufgegenständlichen Liegenschaftsanteile nach Erfüllung der vertraglichen Bedingung und Ablauf der 3-jährigen Frist des § 5 Abs 2 WEG ins Eigentum der Käuferin zu übertragen und nach Vorliegen sämtlicher, für die bücherliche Einverleibung des Wohnungseigentums notwendiger Voraussetzungen Wohnungseigentum an dem Kaufgegenstand im Sinn der Bestimmungen des WEG 2002 gemeinsam mit der Käuferin sowie allen weiteren Erwerber/Innen von Miteigentumsanteilen zu begründen.“

Zusammengefasst führt der OGH dazu aus:

 § 5 Abs 2 WEG will innerhalb der Frist von drei Jahren die „Liegenschaftsangehörigen“ beim Erwerb von KFZ-Abstellplätze bevorzugt sehen. Nur sie sollen während der Wartefrist Wohnungseigentum an einem Abstellplatz erwerben können, sofern sich der Wohnungseigentumsorganisator, der sich das Wohnungseigentum an KFZ-Abstellplätzen vorbehalten will, zur Veräußerung der damit künftig zu verbindenden Mindestanteile laut Nutzwertgutachten entschließt.

Der Gesetzeszweck erfordert es, dass Erwerb im Sinn des § 5 Abs 2 WEG nicht nur die sachenrechtliche Verfügung (§ 431 ABGB), sondern bereits den Rechtsvorgang erfasst, der dem liegenschaftsfremden Dritten einen Anspruch auf sachenrechtliche Übereignung des Mindestanteils gibt, mit dem das ausschließliche Nutzungsrecht an einem KFZ-Abstellplatz verbunden ist bzw verbunden werden soll. Auch beim derivativen Erwerb verstößt der Abschluss eines Kaufvertrags vor Ablauf der Wartefrist damit gegen § 5 Abs 2 WEG, was gemäß § 879 Abs 1 ABGB dessen Nichtigkeit zur Folge hat.

Der mit der Käuferin innerhalb der Wartefrist des § 5 Abs 2 WEG abgeschlossene Kaufvertrag über KFZ-Abstellplätze ist nach § 879 Abs 1 ABGB nichtig und damit keine taugliche Grundlage für die begehrte Grundbuchseintragung.

Dass sie, wie im Vertrag festgehalten, den Antrag auf Verbücherung erst nach Ablauf von drei Jahren nach Begründung des Wohnungseigentums an der Liegenschaft stellten, kann die Nichtigkeit des Vertrags nicht beseitigen und damit auch keine (nachträgliche) Wirksamkeit des Vertrags begründen.

Hier geht es zum gesamten Urteilstext!

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